27.06.2022

Landesverband der Hebammen solidarisiert sich mit Streikenden an den Unikliniken

Seit Mai streiken alle sechs Unikliniken NRWs mit Unterstützung von Verdi, um einen Tarifvertrag „Entlastung“ einzufordern. Er soll konkret regeln, wieviel Personal erforderlich ist, um personelle Überlastungssituationen und Patientengefährdung zu vermeiden. Die Hebammen Antonia Ramminger aus Bonn und Silke Teves aus Aachen sind derzeit in die Verhandlungen involviert.

Eine Hebamme - eine Geburt! Hebamme Silke Teves auf der Kundgebung Foto: Antonia Ramminger

Entlastung per Tarif

Sie setzen sich für einen schnellen Belastungsausgleich ein, um Hebammen in ihrem Beruf zu halten, und werben gleichzeitig dafür, einen Tarifvertrag „Entlastung“ als Investition in die Zukunft zu sehen. Ein langfristiger Lösungsansatz sei erforderlich, um auch dem Aspekt der Personalgewinnung und der Verbesserung der Arbeitssituation zukünftiger Hebammen Genüge zu tun.

Die Ist-Zustände in den Kreißsälen sind unerträglich. Belastungssituationen nehmen zu und führen zu Diensten, bei denen Hebammen am Limit arbeiten.  1:1-Betreuung ist längst nicht mehr gesichert, fachfremde Arbeiten und Arbeitsverdichtung durch Personalausfall sind die Regel. Fehlende Zeit für die gebärenden Frauen können zu traumatischen Geburten führen. Werdende Hebammen können unter diesen Bedingungen nicht angemessen ausgebildet werden.

Hebamme Silke Teves erläutert: „Die Geburt eines Menschen prägt das ganze Leben. Nicht nur des Kindes, sondern der ganzen Familie. Es kann ein kraftvolles, stärkendes Erlebnis oder Hilflosigkeit, Angst, Schmerzen und dem Gefühl alleine gelassen zu werden zum schrecklichsten Erlebnis und Trauma werden. Neben dem freudigen Ereignis bei der Geburt eines lebenden Kindes gehört die empathische Begleitung von Familien bei einer Totgeburt oder einem Fetozid zu unserem Alltag. Auch hier ist gute Betreuung und Zeit so wichtig für den guten Start in die Trauerarbeit. Genauso brauchen wir Zeit für die Betreuung der zum Teil schwerkranken, überwachungspflichtigen Patientinnen und Patienten, die große Ängste und Sorgen durchstehen. Hier braucht es eben nicht nur die Überwachung vieler Parameter, sondern lange Gespräche und das immer wieder.“

Hebamme Antonia Ramminger ergänzt: „Wir Hebammen der Uniklinika in NRW kämpfen darum, die Frauen wieder mit Zeit und Wertschätzung begleiten zu können. Wir sind nicht mehr bereit die aktuellen Arbeitsbedingungen hinzunehmen. Wir lieben unseren Beruf, wir wollen ihn endlich wieder richtig ausführen. Wir kämpfen darum.“

Gespräche im neuen Landtag folgen

Der Landesverband der Hebammen NRW setzt sich seit Jahren für eine Verbesserung der Situation in der Geburtshilfe ein.  

Barbara Blomeier, erste Vorsitzende des Landesverbandes: „Mit dem am Wochenende von beiden Parteien bestätigten Koalitionsvertrag verpflichtet sich die neue Landesregierung, in Personal und Ausstattung für die Kliniken zu investieren. Wir verstehen dies als Versprechen, auch die Situation in der Geburtshilfe zu verbessern und für gute Arbeitsbedingungen für Hebammen zu sorgen, damit die von der Politik in Land und Bund gewollte Eins-zu-Eins-Betreuung unter der Geburt auch tatsächlich umgesetzt werden kann. Dies wird eines der Themen sein, die wir in die anstehenden Gespräche mit den Fraktionen im neuen Landtag mitnehmen werden. Die streikenden Kolleginnen an den Universitätskliniken können sich der Unterstützung des Hebammenverbandes NRW sicher sein.“