Studiengang Hebammenkunde: Stillstand mit fatalen Folgen
Die Akademisierung der Hebammenausbildung ist längst beschlossene Sache. Doch die Umsetzung der EU-Richtlinie, die die Hochschulausbildung für Hebammen verbindlich festlegt, liegt weiterhin auf Eis. Bislang können Hebammen in NRW nur an einer einzigen Hochschule studieren. Fünf weitere Hochschulen zeigen ihr Interesse, Standort des Studiengangs zu werden. Doch der Aufbau stockt.
Anzeichen für größere Planungssicherheit der Hochschulen lässt das Land nicht erkennen. Wenn sich nicht zügig etwas tut, wird sich der Engpass in der Geburtshilfe noch weiter verstärken.
Angebot und Nachfrage an Hochschulplätzen klaffen weit auseinander: Studienplätzen sind begehrt,das belegen die steigenden Zugangszahlen an der Bochumer Hochschule für Gesundheit. Doch ohne Hochschulstandorte, an denen Hebammenwissenschaften studiert werden können, wird die Akademisierung in NRW weiterhin auf die lange Bank geschoben.
Politik schafft Versorgungslücken
Zwischenzeitlich ziehen sich erste Hebammenschulen zurück, qualifiziertes Lehrpersonal sucht Beschäftigung in anderen Bundesländern und private Hochschulen, die von den Studierenden Studiengebühren verlangen können und sich unabhängig vom Land finanzieren, sitzen schon in den Startlöchern. Die staatlichen Hochschulen dagegen, die für die Studierenden kostenfrei sind, sind von der Finanzierung durch das Land NRW abhängig und müssen abwarten, bis von dort entsprechende Signale kommen.
Wenn nicht schnell Klarheit herrscht, ist zu befürchten, dass Studierende ohne finanzielles Polster in andere Bundesländer abwandern und damit auch der geburtshilflichen Versorgung in NRW nicht mehr zur Verfügung stehen. Nur eine Verteilung der Hochschulstandorte über ganz NRW und eine gute Verzahnung mit vielen Kooperationskliniken in den Regionen sorgt dafür, dass die Hebammen mit Abschluss auch in der Region bleiben.
Das allein reicht aber nicht, um die Versorgungslücke zu schließen.
Die Arbeitsbedingungen in den Kliniken müssen schon jetzt so gestaltet sein, dass Hebammen ihre Arbeit tun können, ohne fachfremde Aufgaben übernehmen zu müssen. Studierende, die in ihren Praxiseinsätzen Kliniken mit schlechten Arbeitsbedingungen erleben, werden dort nach Ende des Studiums auch nicht bleiben. Erst recht werden die Hebammen, die sich zurzeit aus den Kliniken massiv zurückziehen, nicht wiederkommen, wenn sich an den Bedingungen nichts ändert. Auch das IGES-Gutachten empfiehlt zur raschen Abhilfe unter anderem die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Hebammen.
Das ist dem Land seit langem bekannt. Nun wird es höchste Zeit, zu handeln.
Westdeutsche Zeitung vom 25.020.2020
Bocholter/Borkener Volksblatt vom 25.02.2020
Lokalzeit OWL vom 19.02.2020 im Gespräch mit Barbara Blomeier, 1. Vorsitzende des Landesverbandes
dradio vom 25.02.2020, Prof. Dr. Annette Bernloehr, Professorin für Hebammenwissenschaft an der Hochschule für Gesundheit in Bochum