NRW muss Position beziehen für die Reform der Hebammenausbildung
Morgen entscheidet der Bundesrat über die Reform der Hebammenausbildung in Deutschland. Damit würde Deutschland endlich – als letzter EU-Mitgliedstaat – eine entsprechende EU-Richtlinie umsetzen. Heute zeichnet sich allerdings ab, dass die Abstimmung trotzdem kein Selbstläufer ist. Der Bundesrat würde so einen zäh errungenen Gesetzentwurf aufhalten und für weitere Verzögerungen sorgen. Der Grund dafür: die Finanzierung.
In den Erläuterungen zur Sitzung des Bundesrates am 08.11. findet sich der alarmierende Hinweis, dass der Kulturausschuss die Einberufung des Vermittlungsausschusses empfiehlt, um eine einvernehmliche Aufteilung des entstehenden „Erfüllungsaufwandes“ der Länder herbeizuführen. Der Gesundheitsausschuss hingegen empfiehlt dem Bundesrat, dem Gesetz zuzustimmen.
Kosten sind überschaubar und waren vorhersehbar
Die Akademisierung bringt in der Tat Kosten für die Länder mit sich – allerdings nur für den hochschulischen Teil, für die praktische Ausbildung kommt weiterhin der Ausbildungsfonds auf, der von den Krankenkassen auf dem Umweg über die Kliniken finanziert wird. Über welchen Aufwand reden wir also? In Deutschland betrifft die Reform der Hebammenausbildung jährlich rund 1.000 Hebammen. Betrachtet man die Zahlen für NRW, wird dieser „Erfüllungsaufwand“ noch deutlich überschaubarer: 2016 gab es in NRW 437 Hebammenschüler*innen, davon 149 im ersten Ausbildungsjahr. Zum Studienbeginn 2016/17 gab es im Vergleich dazu 776.130 Studierende an Hochschulen in NRW, davon 124.915 Studienanfänger*innen, für das Studienjahr 2018/19 liegt die Zahl der Studienanfänger*innen bei 121.799 – und damit etwas niedriger.
Würde im Jahr 2020 die Hebammenausbildung nur noch an Hochschulen stattfinden, so kämen rund 150 Studierende der Hebammenkunde hinzu. Dabei ist selbst dieses Szenario nicht realistisch, weil bis heute nicht geklärt ist, an welcher Hochschule in NRW wie viele Studienplätze eingerichtet werden können. Auch hier spielt die Frage der Finanzierung eine wesentliche Rolle. Es handelt sich also unter dem Strich, um einen sehr überschaubaren Kostenaufwand.
Uns fehlt deshalb jedes Verständnis dafür, dass es bei der so dringend benötigten Reform zu einer weiteren Verzögerung aufgrund finanzieller Bedenken kommen könnte. Seit 2013 war klar, dass spätestens bis zum Jahr 2020 in Deutschland die Akademisierung der Hebammenausbildung umgesetzt werden muss. Da die Bildung unter Länderhoheit steht, kommen damit auch Kosten auf die Länder zu. Das ist nicht überraschend. Deshalb ist es im hohen Maße verwunderlich, dass bisher keine Vorschläge zur Finanzierung aus den Ländern gekommen sind.
Stillstand können wir uns nicht leisten
Würde der Bundesrat morgen mehrheitlich gegen das Gesetz stimmen, wäre das gleichbedeutend mit einem Stillstand, den sich NRW nicht erlauben kann. Sowohl den Hebammenschulen als auch den Hochschulen wären die Hände gebunden, interessierte Berufsanfänger*innen würden abwarten, statt mit dem Studium zu beginnen. Ein Resultat davon wäre eine weitere Verschärfung des Hebammenmangels.
Wir setzen unsere Hoffnung darauf, dass NRW sich für das Hebammenreformgesetz positionieren wird. NRW hat die Versorgung mit Hebammenleistungen, die Entwicklung der geburtshilflichen Versorgung und die Akademisierung der Hebammenausbildung durch die Projektgruppe im Ministerium als wichtiges Thema hervorgehoben; auch der Gesundheitsminister hat sich mehrfach in diese Richtung geäußert. Da wäre es nur folgerichtig, wenn NRW auch das Hebammenreformgesetz stützt. NRW verfügt immerhin über sechs Stimmen und muss morgen Position beziehen. Wir erneuern also unsere Bitte an unsere Landesvertretung, im Bundesrat für das Hebammenreformgesetz zu stimmen.
Weitere Informationen finden Sie in der Stellungnahme des DHV. Wer noch einmal eine Argumentationshilfe braucht, Warum aktuell nicht alles gut ist und warum wir die Ausbildung nicht einfach beim Alten lassen können, findet diese punktgenau im aktuellen Beitrag auf www.vonguteneltern.de.