19.05.2011

NL: Hebammen brauchen Solidarität - Gesundheitsministerium plant Zuwachs von Krankenhausgeburten

Auch niederländische Hebammen sind in Not - und brauchen Solidarität. Lesen Sie nachfolgend den dringenden Aufruf, die Petition gegen die gesetzlich geplante Zunahme von Krankenhausgeburten zu unterschreiben.

Diese Petition ist keine berufspolitische Aktion des niederländischen Hebammenverbandes KNOV, sondern erfolgt auf Initiative einer niederländischen Hebamme. Eine offizielle Stellungnahme des Verbandes zur Petition gibt es nicht. Wir bitten: Unterstützt unsere niederländischen Kolleginnen!

"Liebe Kolleginnen und FreundInnen des Hebammenberufes: Wir brauchen Eure/Ihre Hilfe!

Das niederländische Hebammenwesen erlebt derzeit einen tiefgreifenden Wandel der traditionellen Praxis, nach der eine normale Geburt zu Hause und ohne medizinische Eingriffe begleitet wird. Das niederländische Gesundheitsministerium plant, die Anzahl der Krankenhausgeburten zu steigern und somit die von einer Hebamme begleiteten Hausgeburten zu reduzieren. Damit sind die niederländischen Hebammen in der Ausübung ihrer Tätigkeit konkret bedroht.

Die stationäre Betreuung "normaler" Geburten ist unnötig: Eine Geburt ist kein pathologisches Ereignis, das aus Sicherheitsgründen per se medizinisch überwacht werden muss. Zudem ist die Krankenhausgeburt auch wenig kosteneffektiv: Statistiken anderer Länder  zeigen, dass, sobald eine Frau den klinischen Bereich betritt, eine Kaskade klinischer Interventionen folgen kann. Das ausschließlich medizinisches Betreuungsmodell, also vermehrte Krankenhauseinweisungen für normale Geburten, bedroht die Autonomie der Hebammen bedroht, die ihnen durch das Hebammengesetz zusteht.

Obwohl noch viele Frauen sich für eine Hausgeburt entscheiden, stehen viele Hebammen bedingt durch eine hohe Zahl zu betreuender Frauen und begrenzten Ressourcen bei der Ausübung ihrer Arbeit unter steigendem gesellschaftlichen Druck.

Statistisch gesehen haben die Niederländer die höchste Hausgeburtsrate in der westlichen Welt, und die überaus positiven Erfahrungen vieler Frauen rechtfertigen die Weiterführung der häuslichen Geburt.

Dennoch ist es beispielsweise schwangeren Frauen, die auf der nördlichen Insel Vlieland leben, nicht mehr erlaubt, ihre Kinder zu Hause zu gebären, da sie nicht im Radius von 30 km eines Krankenhauses mit geburtshilflicher Abteilung wohnen. Diese Auflage, die nun im ganzen Lande gilt, basiert auf einem von der Regierung in Auftrag gegebenen Report, der medizinischer Risikoabschätzung den Vorzug gibt.

Auch die populären Medien spiegeln derzeit die Intention der Regierung in Richtung zu mehr Krankenhausgeburten wider. Eine Zeitschrift, die hauptsächlich von jungen Erwachsenen gelesen wird, zeigte neulich ein ganzseitiges Photo eines Neugeborenen mit der Unterschrift: "Versuch' das bloss nicht zu Hause!"

Daher ist es nicht nur für Hebammen und Hausgeburtsfrauen äußerst wichtig, sich der derzeitigen Tendenz zu widersetzen! Zudem ist es für Hebammen wichtig, ihre Forschungsgrundlage weiter zu entwickeln, um "normale Geburtspraktiken" zu validieren. Neue Forschungsfelder in den Bereichen Reproduktionsbiologie, soziale Beziehungen und anderen relevanten Themen sind unabdingbar, um eine Erhöhung der Ressourcen zu rechtfertigen.

Wir bitten Sie dringend, die von einer niederländischen Hebamme initiierte Petition gegen diese Missstände zu unterschreiben.

Wir hoffen, dass die Politiker die Bedeutung eines etablierten Hebammenwesens erkennen, und dessen Erhalt und Weiterentwicklung fördern, und dass sie ermutigt werden, überarbeitete Hebammen zu unterstützen, indem sie mehr wirtschaftliche Mittel in die Hausgeburtshilfe einfliessen lassen."

Hier geht es zur Petition